„Men in Blech" statt Mann am Band
Automatica 2025 beleuchtet Entwicklungsstand der Massenfertigung für humanoide Roboter
Dienstag, 20. Mai 2025
| Redaktion
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Igus hat mit Iggy Rob seinen ersten in Deutschland produzierten humanoiden Roboter entwickelt
Igus hat mit Iggy Rob seinen ersten in Deutschland produzierten humanoiden Roboter entwickelt, Bild: EAD-portal.de / Susanne Woggon

Die Entwicklung humanoider Roboter schreitet mit beeindruckender Dynamik voran. Das Tauziehen zwischen den USA und China sowie Fortschritte in der künstlichen Intelligenz, Batterieentwicklung und Mechanik befeuern die Leistungsfähigkeit der „Men in Blech". Die Automatica 2025 zeigt, wie weit diese Entwicklung bereits fortgeschritten ist. Kürzlich haben Humanoide in China bei einem Halbmarathon in Peking demonstriert, wozu sie in der Lage sind. Rund 20 humanoide Roboter traten auf der gut 21 Kilometer langen Strecke erfolgreich gegen Menschen an. Mit dem Lauf hat die Volksrepublik ihr Ziel verwirklicht, sich als einer der führenden Anbieter von menschenähnlichen Robotern zu positionieren.

Humanoide Roboter mit zwei Beinen erreichen höchste Flexibilität und Mobilität

Doch gerade ein Halbmarathon führt unweigerlich zu einer oft gestellten Frage: Warum haben humanoide Roboter Beine statt einen Radantriebe? Jonathan Hurst, Chief Robot Officer bei Agility Robotics, erklärt, warum die meisten Humanoiden dennoch mit zwei Beinen ausgestattet sind: „Zweibeinige Roboter sind für die Koexistenz mit dem Menschen konzipiert und bieten eine Vielseitigkeit und Mobilität, die über das hinausgeht, was Radantriebe leisten können. Durch den Einsatz von Beinen können sich Humanoide an komplexe Umgebungen anpassen, Treppen steigen, Bordsteine überwinden und ein breites Aufgabenspektrum erfüllen.“

Der Humanoide Digit von Agility ist bereits in zahlreichen Anwendungen im Einsatz, unter anderem in Logistikzentren wie bei Amazon und GXO Logistics. Mit einer Größe von 1,75 Metern und einem Gewicht von rund 64 Kilogramm kann Digit komplexe Aufgaben wie das Heben von Lasten bis zu 16 Kilogramm bewältigen. Dank fortschrittlicher Sensortechnologie wie Lidar und Kameras kann er auch autonom navigieren. Melonee Wise, Chief Product Officer bei Agility Robotics, spricht auf dem Automatica Forum in Halle A5 ebenfalls über Digit und die Frage, wie Humanoide Lücken in der Automatisierungskette schließen können. Direkt im Anschluss berichtet Carolin Richter, Head of Next Generation Robotics bei der BMW Group, über die Erfahrungen des Unternehmens mit konkreten Praxiseinsätzen von Humanoiden.

USA mit Vorreiterrolle in der Technologieentwicklung

Weitere hochentwickelte Humanoide kommen aus den USA, darunter Atlas von Boston Dynamics, Optimus von Tesla, „Figure 01“ und „02“ von Figure AI und Apollo von Apptronik. Alle sind bereits in Pilotanwendungen in der Automobilindustrie im Einsatz. „Wir entwickeln die fortschrittlichsten und leistungsfähigsten humanoiden Roboter der Welt, die den Menschen auf sinnvolle und revolutionäre Weise zur Seite stehen“, sagt Jeff Cardenas, CEO und Mitbegründer von Apptronik. Doch um diese Entwicklungen voranzutreiben, braucht es viel Kapital und starke Partner. Vor kurzem konnte Apptronik eine Finanzierungsrunde über mehr als 350 Millionen Dollar abschließen. Kooperationen mit der Nasa, Nvidia, Google Deepmind und auf Anwenderseite mit Mercedes-Benz und GXO Logistics sollen sicherstellen, dass Apptronik in diesem Zukunftsmarkt weiterhin ganz vorne mitspielt.

Humanoide Roboter aus Deutschland auf der Automatica 2025

Deutschland spielt zwar keine Schlüsselrolle auf dem Weltmarkt für Humanoide. Dennoch zeigt die Automatica, dass es auch hier vielversprechende Entwicklungen gibt. Denn neben „4NE-1“ von Neura Robotics werden in diesem Jahr weitere Humanoide den Weg nach München finden. Einer davon kommt von Igus aus Köln und hört auf den Namen Iggy Rob. Er basiert auf einer Kombination hauseigener Komponenten wie den Rebel Cobots für die Roboterarme und der mobilen Basis Rebel Move. Sein Einsatzspektrum reicht von der Assistenzrobotik über die Fabrikautomatisierung bis hin zu Bildung und Forschung. Igus will Iggy Rob im eigenen Unternehmen für die Automatisierung von Spritzgießmaschinen einsetzen.

Mit großer Spannung wird auch der Messeauftritt des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt erwartet. Hier wird intensiv an der Weiterentwicklung der humanoiden Robotik geforscht. Die aktuellen Ergebnisse werden auf der Automatica zu sehen sein. Für Aufmerksamkeit sorgt auch die kürzlich geschlossene Kooperation des Instituts mit Siemens.„Diese strategische Partnerschaft ist ein weiteres Beispiel für Transfer von Robotiktechnologien aus der Raumfahrt in industrielle Anwendungen“, sagt Institutsleiter Alin Albu-Schäffer. „Die enge Vernetzung mit führenden deutschen Industriepartnern wie Siemens ist essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Robotik auch in der Zukunft, angesichts der rasanten Entwicklungen in USA und China, zu sichern.“

Riesiger Wachstumsmarkt für humanoide Roboter

Tesla stellt in München seinen humanoiden Roboter Optimus vor. Dieser bewegt sich elegant, ist schnell und hat eine hochflexible Hand mit fünf Fingern. Laut Goldman Sachs hat der weltweite Markt für humanoide Roboter großes Potenzial. Demnach könnte er bis 2035 auf 38 Milliarden Dollar anwachsen. Neben amerikanischen Unternehmen verfolgt auch China ehrgeizige Ziele und will bis 2028 Weltmarktführer bei humanoiden Robotern werden. Mittelfristig sollen dort fünf Prozent aller Arbeitsplätze von Humanoiden übernommen werden. Das entspräche dem Einsatz von rund 35 Millionen Stück. Bereits heute sind Humanoide von Unitree, Agibot, Engine AI, Fourier oder Ubtech in verschiedenen Anwendungen und Branchen in chinesischen Unternehmen im Einsatz.

Als einer der ersten Hersteller weltweit bringt Unitree mit dem „G1“ einen kleinen Humanoiden zu einem sehr günstigen Preis auf den Markt. Das Interesse an dem 1,3 Meter großen und 35 Kilogramm leichten Roboter ist groß, wie Unitree-Marketingmanagerin Qian Yuqi verrät: „Es gibt bereits Bestellungen aus dem In- und Ausland. Zunächst dürften vor allem wissenschaftliche Forschungseinrichtungen unseren Roboter einsetzen, aber auch Industriebetriebe können sich vorstellen, ,G1‘ für einfache Arbeiten zu nutzen.“

Humanoide übernehmen mittels KI auch menschliche Aufgaben.

Die Entwicklungen zeigen: Die Zeit für Humanoide und damit für ein neues Zeitalter der Automatisierung ist gekommen. Durch KI sind sie schon heute in der Lage, einen Teil der Aufgaben zu übernehmen, die bisher dem Menschen vorbehalten waren. Die Automatica verspricht vom 24. bis 27. Juni 2025 spannende Einblicke, was Humanoide leisten können und wie sich ihr Einsatz auf die Arbeitswelt auswirken wird.

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