Kuka Roboter steckt Modulverbinder für Hochvoltbatteriepacks

Auch biegeschlaffe Teile fest im Griff

Die Automatisierung des Handlings von biegeschlaffen Teilen ist bis heute eine große Herausforderung. Das Team von Liebherr hat diese in seiner Applikation erfolgreich gemeistert

Sie sind leise, tanken zunehmend Strom aus erneuerbaren Energiequellen, verursachen weniger CO2-Emissionen und ziehen niedrigere Kosten für Reparatur und Wartung nach sich: Elektrofahrzeugen gehört die Zukunft. Schätzungen zufolge fahren derzeit mehr als 27 Millionen Plug-in-Hybride und E-Autos durch die Welt. Und wenn zwischen 2030 und 2035 zahlreiche große Staaten die Zulassung von Verbrennern ausbremsen, wird diese Zahl erheblich steigen. Batterien für Elektrofahrzeuge zu produzieren, ist eine gefährliche Angelegenheit. Der Grund dafür: die hohe Spannung beim elektrischen Kontaktieren von Batteriemodulen. Gemeinsam mit Kostal Kontakt Systeme und Kuka hat Liebherr-Verzahntechnik nun eine Technologie mit zwei Robotern der „KR Cybertech Nano"-Serie entwickelt, mit der sich Hochspannungsbatteriemodule sicher und effizient verbinden lassen.

So können im Fahrzeugbetrieb Vibrationen ausgeglichen werden, sodass es seltener zu einem verschleißbedingten Verlust des elektrischen Kontakts kommt. Ihr Aufbau bringt auch bei einem späteren Tausch der Batteriemodule Vorteile, zum Beispiel für Second-Life-Anwendungen oder das Recycling der Module im Batteriepack. Der einzige Haken: Sie sind biegeschlaff und verformen sich dadurch bereits bei geringen Kraft- und Momentbeanspruchungen. Die Automatisierung des Handlings von biegeschlaffen Teilen ist eine große Herausforderung in der Automatisierung: So sind beispielsweise elastische Leitungen, die sich in beliebige Richtungen verwinden können, für Roboter schwer zu greifen. Basierend auf dem „KR Cybertech Nano ARC HW“ hat Liebherr einen Spezialgreifer entwickelt, der die Leitungen aus einem Blister entnimmt. Da die Leitung innerhalb des Blisters nicht ausreichend genau vorpositioniert ist, kommt eine 2D-Kamera zum Einsatz: Sie hilft dabei, die genauen Greifpositionen an der biegeschlaffen, flexiblen Leitung zu ermitteln und den Modulverbinder am Ende der Leitung exakt über dem Stecker-Gegenstück zu positionieren.

Mit Federpaketen zum richtigen Krafteinsatz

Da der Stecker behutsam behandelt werden muss, wurde der Steckprozess für einen reibungslosen Ablauf entkoppelt. Ein Federpaket kontrolliert die Kraft, die auf den Stecker und die Verriegelungssicherung des Steckers (auch Connector Position Assurance oder CPA genannt) übertragen wird. Im Anschluss drückt ein pneumatischer Zylinder den Stecker in das Stecker-Gegenstück. Dieses Federpaket federt ein, bis das Kraftmoment von 70 Newtonmeter erreicht ist und der Endlagensensor ausgelöst wird. Parallel dazu drückt der federnd gelagerte Verriegelungsstift die CPA nach unten. Damit ist die CPA verriegelt, der Stecker prozesssicher gesteckt und der Greifer kann sich wieder nach oben bewegen. Im Gegensatz zu anderen Automatisierungsexperten löst Liebherr den Steckprozess der biegeschlaffen Leitungen bewusst nicht über Trial-and-Error-Prozesse. Jeder Griff muss sitzen. Der Grund dafür: Die Technologie soll serientauglich sein und muss dafür streng geforderte Taktzeiten einhalten können. Für Liebherr hat das mehr als gut funktioniert: Anstelle der vorgeschriebenen 17 Sekunden erreichte das System eine Taktzeit von elf Sekunden.

Hohe Performance durch richtige Roboter-Software-Kombination

Liebherr nutzt für den Automatisierungsprozess den „KR Cybertech Nano ARC HW“. Der flexible, kostengünstige Industrieroboter ist darauf spezialisiert, mit kleinen Bauteilen zu arbeiten und kann auch schwer zugängliche Steckpositionen erreichen. Durch den Schutz vor unkontrollierter elektrostatischer Auf- oder Entladung (ESD) eignet er sich ideal für die Handhabung von empfindlichen Elektronikbauteilen. Um auch in kompakten Roboterzellen zum Einsatz zu kommen, kann der schlank designte Roboter kleine Räume optimal ausnutzen. Die Software „Kuka.RoboTeam“ ermöglicht Liebherr, die beiden Greifer kooperierend im Master-Slave-Betrieb arbeiten zu lassen, wodurch menschliche Arme optimal imitiert werden. So können die Roboter unterschiedliche Leitungslängen und Steckpositionen handhaben sowie Positionstoleranzen ausgleichen. Die integrierte Bilderkennung hilft dabei, die realen Positionen der Steckplätze zu ermitteln. Schließlich lässt sich diese Lösung nicht nur für das elektrische Kontaktieren, sondern auch bei anderen elastischen Bestandteilen in der Batterieproduktion anwenden - beispielsweise bei der Automatisierung des Steckprozesses von Datenkabeln zwischen Battery Management System (BMS) und Cell Management Controller (CMC).

Automobilindustrie der Zukunft

Laut Martin Klaus, Global Business Development Manager Electronics bei Kuka, können viele Unternehmen der Automobilindustrie künftig nur mithilfe der Automatisierung wettbewerbsfähig bleiben. „Durch den Trend der batteriebetriebenen Elektroautos und des zunehmenden technischen Fortschritts in Fahrzeugen wird die Menge und Vielfalt von komplexen Elektronikkomponenten im Auto deutlich erhöht“, betont Klaus, der bei Kuka für den Bereich Automotive Electronics zuständig ist. Diese Komponenten, unter anderem Inverter, Elektromotor, Displays, Kameras und Steuergeräte, können laut Klaus „nur mit einem hohen Automatisierungsgrad in der geforderten Qualität und Menge hergestellt werden. Mit Robotik lässt sich eine Vielzahl der Prozesse realisieren, die in der Elektronikfertigung benötigt werden.“ Der Roboterhersteller ist hierauf vorbereitet und hat ESD-geschützte sowie für Reinraum und Trockenraum zertifizierte Roboter im Portfolio. Viktor Bayrhof von Liebherr sieht das ähnlich. „Hochvoltbatteriesysteme sind die teuerste Komponente eines Elektrofahrzeugs“, so Bayrhof. „Um diese Batterien in großen Stückzahlen wirtschaftlich zu produzieren, spielt die Automatisierung eine Schlüsselrolle.“ Die von Liebherr, Kostal und Kuka entwickelte Lösung kann die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen auch in bewegten Zeiten sichern. Sie haben damit ihre Produktion dauerhaft im Griff, inklusive der biegeschlaffen Teile.
 

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