
Lange Zeit war der Begriff Industrie 4.0 in aller Munde. Nun scheint er aus dem Fokus der Medienlandschaft verschwunden zu sein. Doch bedeutet dies das Scheitern oder gar das Ende der vierten industriellen Revolution? „Nein, es gibt vielmehr eine Weiterentwicklung und Differenzierung der ursprünglichen Idee", erklärt Ulrike Peter, Pressesprecherin des SEF Smart Electronic Factory, ein Verein, der sich auf die Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen konzentriert. „Digitalisierung in der Industrie ist heute relevanter denn je, auch wenn der Begriff Industrie 4.0 an Sichtbarkeit verloren hat.“
Smart Factory im Fokus von Industrie 4.0
Industrie 4.0 stand in der Anfangsphase für die Vision einer vollständig vernetzten und automatisierten Produktion, in der Maschinen, Anlagen und Systeme intelligent miteinander kommunizieren. Schlüsselbegriffe waren cyber-physische Systeme, Internet of Things (IoT), Big Data und andere. Das Zielbild war die vollständig intelligente Fabrik. Die Digitalisierung schreitet nicht so schnell und konkret voran, wie bei der Entstehung des Begriffs Industrie 4.0 erwartet. Aber der digitale Wandel ist in vollem Gange. Frühere industrielle Revolutionen waren durch spezifische technologische Durchbrüche wie Dampfmaschine und Elektrizität gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu ist die vierte industrielle Revolution durch eine kontinuierliche digitale Transformation gekennzeichnet, die sich im Laufe der Zeit immer weiter ausdifferenziert hat.
Industrie 4.0: Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern muss gerade im Mittelstand echten Nutzen stiften
„Das Zielbild der smarten Fabrik weicht zunehmend der Erkenntnis, dass die Digitalisierung kein Big Bang ist, sondern schrittweise erfolgen muss und vor allem, dass sie kein Selbstzweck ist, sondern insbesondere im Mittelstand echten Nutzen stiften muss. Die Betrachtung ist differenzierter und auch ein Stück weit realistischer geworden“, sagt Ulrike Peter.
Digitalisierung schreitet langsam, aber konkret voran
Vor fast einem Jahrzehnt begann der Verein SEF Smart Electronic Factory mit der Erprobung und Förderung von Projekten rund um Industrie 4.0. „Viele Unternehmen verstanden zwar früh das Potenzial, aber es fehlte lange an konkreten und greifbaren Umsetzungen. Heute jedoch sind die Technologien ausgereift, und es gibt zahlreiche Best-Practice-Beispiele. Konzepte wie Predictive Maintenance, digitale Zwillinge und KI-gestützte Optimierung sind keine abstrakten Ideen mehr, sondern in vielen Unternehmen bereits im Einsatz. Demnach ist Industrie 4.0 nicht gescheitert, sondern eine sinnvolle Evolutionsstufe, in der unter anderem der Grundstein gelegt wurde für aktuelle Entwicklungen wie Digitaler Produktpass, ESG und die X-Plattformen“, erklärt Ulrike Peter.
Mittelstand setzt verstärkt auf maßgeschneiderte Digitalisierungslösungen
Ungeachtet der Begrifflichkeit steht fest: An der Digitalisierung führt in der Industrie kein Weg vorbei. Was vor wenigen Jahren noch als Experiment galt, ist heute eine strategische Notwendigkeit. Unternehmen, die nicht auf digitale Produktionsprozesse setzen, drohen im Wettbewerb zurückzufallen.
Digitalisierung ist keine Option mehr, sondern ein Muss. Die zunehmende Vernetzung globaler Lieferketten, die Abhängigkeit von Echtzeitdaten und die Notwendigkeit, flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu können, bedingen dies. Dabei beobachtet der SEF eine klare Entwicklung: Der Mittelstand ist zunehmend in der Lage, maßgeschneiderte Digitalisierungslösungen umzusetzen.