Highlight-Talk mit Tobias Bangert von Janitza und Raphael Görner von Rittal auf der „The smarter E Europe 2025“
Energiemanagement und vernetzte Energielösungen als Schlüssel zur Energiewende
Donnerstag, 03. Juli 2025
| Redaktion
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Exklusiver Highlight-Talk mit Tobias Bangert (2.v.l.) von Janitza und Raphael Görner (3.v.l.) von Rittal über Energiemanagement und vernetzte Energielösungen von morgen mit Chefredakteurin Susanne Woggon und Ronny Schumann von Tropal Media
Exklusiver Highlight-Talk mit Tobias Bangert (2.v.l.) von Janitza und Raphael Görner (3.v.l.) von Rittal über Energiemanagement und vernetzte Energielösungen von morgen mit Chefredakteurin Susanne Woggon und Ronny Schumann von Tropal Media, Bilder: EAD-portal.de / Anja Huber

Die Transformation der Energiesysteme in Europa steht vor einem Wendepunkt. Mit dem fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien, der Elektrifizierung industrieller Prozesse und dem Aufkommen neuer Verbraucher wie Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und Rechenzentren wachsen die Anforderungen an ein stabiles, flexibles und vernetztes Stromnetz. Energiemanagement entwickelt sich dabei zur strategischen Schlüsseltechnologie. Es verbindet Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Verbrauch von Energie zu einem integrierten Gesamtsystem. Damit können Unternehmen ihre Energieflüsse optimieren, Kosten senken und regulatorische Anforderungen erfüllen. Auf der Fachmesse „The smarter E Europe 2025“ in München diskutierten Raphael Görner, Geschäftsbereichsleiter der Business Unit Energy & Power Solutions bei Rittal und Tobias Bangert, Head of Sales International & Partner bei Janitza, über aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze für ein zukunftsfähiges Energiemanagement. Beide Unternehmen zählen zu den etablierten Akteuren in der Energietechnik: Janitza bei Messtechnik und Energiemonitoring, Rittal im Bereich Schaltschrank- und Stromverteilungstechnik. Ihre umfangreichen Erfahrungen aus Projekten in Industrie, Infrastruktur und Rechenzentren liefern praxisnahe Einblicke in technologische Entwicklungen und strategische Trends.

Speichertechnologien als Voraussetzung für ein stabiles Energiemanagement

Stromspeicher sind aus Sicht der beiden ein zentrales Element künftiger Energiesysteme. Raphael Görner betont: „Mit den erneuerbaren Energien kommen volatile Einspeiser in unser Stromsystem. Es muss aber immer ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch geben.“ Speicherlösungen seien notwendig, um dieses Gleichgewicht sicherzustellen, beispielsweise durch die Zwischenspeicherung überschüssiger Energie. Zudem könnten Speicher einen wertvollen Beitrag leisten, wenn es zu Störungen im Stromnetz komme, wie zuletzt auf der Iberischen Halbinsel: „Speicher können in so einem Fall aktiv Wirkleistung ins Netz bringen und helfen, den Netzwiederaufbau zu bewerkstelligen.“

Auch Tobias Bangert unterstreicht den Stellenwert der Speichertechnologie: „Energie zu generieren geht auf viele Weisen. Die Herausforderung besteht darin, sie zu bewahren und dann bereitzustellen, wenn man sie braucht.“ Aus seiner Sicht ermöglichen Speicher eine kontinuierliche Energieverfügbarkeit. Das sei ein entscheidender Punkt in einer auf Echtzeit ausgerichteten Bereitstellung der Energieinfrastruktur.

Intelligentes Energiemanagement durch Echtzeitdaten

Ein zukunftsweisendes Energiemanagement erfordert umfassende Transparenz. Tobias Bangert macht deutlich: „Nur wer seinen Verbrauch und seine Daten kennt, kann auch über die richtige Energieversorgung und weiterführende Maßnahmen entscheiden.“ Bei Janitza liegt der Fokus neben intelligenter Mess- und Überwachungstechnik auch auf der Netzvisualisierungssoftware „GridVis“. Die Vielzahl an Messdaten werden durch die „GridVis“ in Echtzeit visualisiert, dokumentiert und ausgewertet. So lassen sich nicht nur Energieeinsparpotentiale aufzeigen, sondern beispielsweise auch mögliche Fertigungsausfälle frühzeitig erkennen. „Die Daten sind da, aber ohne Visualisierung kann der Mensch sie nicht nutzen. Daher ist die Darstellung in Dashboards wichtig, damit Entscheidungen in Echtzeit getroffen werden können.“

Für Raphael Görner ist die Interoperabilität der Systeme entscheidend: „Es braucht standardisierte Schnittstellen und vorkonfigurierte Protokolle, sodass die Geräte miteinander sprechen können.“ Ziel sei es, komplexe Engineering-Aufwände zu vermeiden und stattdessen durch Planungstools wie beispielsweise von Eplan bereits bei Projektbeginn die notwendige Parametrierung zu automatisieren. Die Vision lautet Plug-and-Work. Im besten Fall werden nur noch Kontakte zusammengesteckt. Die Protokolle sind bereits entsprechend vorkonfiguriert, sodass die Geräte miteinander direkt kommunizieren können.

Lastmanagement im Kontext von Energiemanagement

Effizientes Lastmanagement ist für Tobias Bangert eine Grundvoraussetzung für moderne Energieversorgung: „Lastmanagement ist ein zentrales Thema. Es geht darum, den Energiebedarf zu steuern, Spitzen zu vermeiden und gleichzeitig Nachhaltigkeit sicherzustellen.“ Janitza bietet dafür Messgeräte und Lastmanagement-Controller an, die etwa Ladeinfrastruktur und Batteriesysteme in die Steuerung integrieren. Die Komplexität steigt jedoch mit der Zahl der Systeme: „Man braucht Fachkräfte, die diese Systeme planen und betreiben können. Und genau da liegt die Herausforderung.“

Raphael Görner ergänzt mit einem Praxisbeispiel aus dem eigenen Unternehmen: „Wir haben bei Rittal eine große Lackieranlage unter die Lupe genommen, die auf Temperatur gehalten werden muss. Diese kann variabel betrieben werden. Das Eindrucksvollste war, dass man durch die Erfassung der Gasverbräuche und Temperaturen mit Geräten von Janitza tatsächlich auch ein Einsparpotenzial von zehn Prozent in der Lackieranlage aufzeigen und realisieren konnte. Das hat natürlich die Profitabilität des Produktionsstandorts erhöht und diesen gleichzeitig wettbewerbs- und zukunftssicher gemacht. Gerade am Standort Deutschland ist das ein wichtiges Thema, wie Herstellkosten gemanagt werden, um auch in Zukunft noch international bestehen zu können. Energiemanagement ist ein wichtiger Baustein, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.“

Herausforderung: Planung und Koordination dezentraler Energiequellen

Die Integration dezentraler Energiequellen stellt Unternehmen und Netzbetreiber vor große Herausforderungen. Tobias Bangert warnt: „Nicht jeder kann einfach wahllos einspeisen, weil dadurch eine Netzdestabilisierung verursacht werden kann.“ Besonders schwierig sei die Integration in Bestandsgebäude. Bei sogenannten Retrofit-Anlagen müssten bestehende Systeme mit neuer Technik kombiniert werden, was häufig komplex sei.

Raphael Görner sieht eine Lösung in der Standardisierung: „Schon bei der Planung muss klar sein, wo welche Anlage stehen soll. Ideal wäre es, mit vordefinierten Lösungen zu arbeiten, sogenannten „Application Samples“. Das spart Zeit und höhere Standardisierung ermöglicht eine einfachere Wartung im Betrieb.“ Auch einheitliche Netzanschlusspunkte seien notwendig, um die Systeme langfristig koordinieren und betreiben zu können.

Reger Austausch mit Janitza und Rittal über Energiemanagement

Energiemanagement erfordert Fachkräfte und Standardisierung

Ein erfolgreiches Energiemanagement hängt nicht nur von der Technik ab. Tobias Bangert bringt es auf den Punkt: „Viele Unternehmen wollen Systeme kaufen, das Budget ist vorhanden. Aber es fehlt an Personal mit dem nötigen Know-how.“ Janitza setzt deshalb verstärkt auf Beratung und bietet auch sogenannte Operations-Maintenance-Agreements an, um Kunden langfristig zu unterstützen.

Für Raphael Görner ist klar: „Sicher muss es sein. Aber es muss auch einfach verbunden werden können.“ Der Fachkräftemangel mache es notwendig, dass Systeme sich schnell und unkompliziert integrieren lassen. Hier könnten Standards und gemeinsame Protokolle Abhilfe schaffen.

Resilienz und Netzstabilität durch Monitoring und Prognosen

Gerade bei der Resilienz von Stromnetzen zeigt sich die Bedeutung eines guten Monitorings. Tobias Bangert erklärt: „Unsere Geräte speichern Daten auch bei einem Stromausfall. Man kann dann sehen, wann was passiert ist. Im besten Fall lässt sich schon vorher erkennen, dass etwas nicht stimmt.“ Durch Echtzeitdaten und automatische Warnungen könnten Ausfälle vermieden werden, bevor sie eintreten. „Natürlich ist auch Cybersecurity ist ein großes Thema, gerade Schwachstellen in der Kommunikationsstruktur, sogenannte Blindspots oder Weakpoints, können im Ernstfall zu Netzstörungen führen“, erläutert Bangert. Fehlende oder unsichere Protokollkommunikation zwischen Erzeugung und Verbrauch erhöhe zudem das Risiko für Angriffe oder Ausfälle, „selbst in einem stark vernetzten Stromnetz wie in Deutschland“, so Bangert weiter. Auch Raphael Görner betont die Rolle technischer Komponenten für die Netzqualität: „Blindleistungskompensation, Netzglättung oder Drosselanlagen tragen dazu bei, dass das Netz stabil bleibt.“ Solche Maßnahmen ermöglichen es, Verluste zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern.

Perspektive 2030: Energiemanagement als Innovationsmotor

Der Blick in die Zukunft zeigt: Die Anforderungen an das Energiemanagement werden weiter steigen. Raphael Görner sieht große Herausforderungen: „2030 ist nah und teilweise kann man heute schon keine Transformatoren mehr für in fünf Jahren bestellen. Es fehlt an Verfügbarkeit von Komponenten.“ Deshalb müsse in intelligente Optimierung statt in neue Infrastruktur investiert werden. Tobias Bangert ergänzt: „Der Energiehunger wird größer. Datencenter, Industrie, Elektromobilität, alle brauchen Energie. Microgrids, modulare Systeme und KI-gestützte Prognosen werden eine große Rolle spielen.“ Transparenz der Daten sei dabei entscheidend: „Nur wer weiß, wie seine Performance aussieht, kann wettbewerbsfähig bleiben.“

Fazit: Sichere und resiliente Stromversorgung sicherstellen

Energiemanagement ist mehr als nur reine Technik, es ist ein strategischer Ansatz zur Sicherung der Energieversorgung von morgen. In Zeiten der Transformation der Energieversorgung, angetrieben durch den Ausbau erneuerbarer Energien, ist es entscheidend, nicht nur Erzeugung und Verbrauch zu koordinieren, sondern auch eine sichere und resiliente Stromversorgung sicherzustellen. Die Beiträge von Rittal und Janitza zeigen: Erfolgreiche Lösungen entstehen dort, wo Technik, Planung und Betrieb zusammen gedacht werden. Standardisierte Systeme, transparente Daten und intelligente Steuerung bilden die Grundlage für eine resiliente und zukunftssichere Energieinfrastruktur.

Herr Bangert und Herr Görner, herzlichen Dank für die Einblicke und unseren interessanten Austausch!

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