Seit Mitte dieses Jahres verantwortet Stéphane Chômienne die DACH-Region von Omron. Mit zusätzlicher Verantwortung für Deutschland, Österreich und die Schweiz setzt der neue Geschäftsführer auf eine engere europäische Zusammenarbeit, insbesondere für die Verpackungstechnik und Pharmabranche. Auf der Fachpack 2025 in Nürnberg sprach er im exklusiven Interview mit EAD-portal.de über Omrons Fokus auf industrielle Bildverarbeitung, künstliche Intelligenz, IT-OT-Konvergenz und Sicherheit - und erklärt, wie das Unternehmen Kunden durch Technologiezentren, Partnerschaften und Ökosystem-Ansätze unterstützt. Auch ein Ausblick auf die Interpack 2026 und neue Entwicklungen bei Service und Retrofit fehlt nicht.
Herr Chômienne, Sie sind seit Juli 2025 für die DACH-Region bei Omron zuständig. Können Sie schon ein erstes Fazit ziehen?
Auch wenn ich erst im Sommer die Verantwortung für das Omron-Geschäft in der DACH-Region übertragen bekommen habe, bin ich kein Neuling. In den letzten Jahren war ich bereits Geschäftsführer in Frankreich und habe jetzt Deutschland, Österreich und die Schweiz noch zusätzlich übernommen. Selbst vor meiner neuen Position haben Frankreich und die DACH-Region sehr eng zusammengearbeitet. Insbesondere für Kunden aus der Pharmaindustrie und dem Bereich Medical gibt es starke Kooperationen zwischen beiden Gebieten, da wir hier starke OEMs und Endanwender in der Pharmabranche haben. Dieses Ökosystem wollen wir jetzt in unseren Zielindustrien weiterentwickeln und vorantreiben.
Planen Sie eine Neuausrichtung der DACH-Region mit neuen Schwerpunkten oder eine Strategieänderung unter Ihrer Führung?
Wir verfolgen gemeinsam einen starken Ökosystem-Ansatz für unsere Zielindustrien. Das bezieht sich insbesondere auf die Bereiche Lebensmittelindustrie und Medizintechnik. Diese Branchen sollen global betrachtet werden. Wir wollen unsere Kunden, wie OEMs oder Systemintegratoren, im Ökosystem noch stärker unterstützen. Europa spielt hierbei eine wichtige Rolle. Zudem möchte ich die Internationalisierung stärker vorantreiben. Und last but not least werde ich persönlich dafür sorgen, dass wir die Synergien zwischen unseren europäischen Teams nutzen. So wurde beispielsweise in diesem Jahr ein Technologiezentrum in Stuttgart eröffnet. Seit vielen Jahren gibt es ein weiteres in Barcelona. Beide sollen eine Brücke zu unseren F&E-Abteilungen schlagen. Das ist für mich der Kern des Geschäfts. Unsere Kunden in der DACH-Region sollen von unserer weltweiten Kompetenz profitieren. Sie sollen einen Mehrwert erhalten, um noch bessere Maschinen für ihre Kunden zu bauen.
Wir stehen hier auf der Fachpack am Kooperationsstand vom Packaging Valley. Welchen Anteil hat das Verpackungsthema für Omron?
Verpackungstechnik ist traditionell eines unserer Kerngeschäfte, vor allem in Europa. Omron steht hier für schnelle und effiziente Automatisierung von Maschinen mit hohen Geschwindigkeiten, um die Effizienz zu steigern. Dafür schlägt unser Herz. Deshalb sind wir hier im Packaging Valley mit all seinen Maschinenherstellern besonders gut mit unserem Messestand aufgehoben. Denn dies sind seit vielen Jahren auch unsere Kunden und geschätzte Partner.
Im kommenden Jahr findet die Interpack statt. Können Sie uns einen kleinen Ausblick auf 2026 geben?
Wie gewohnt werden wir die Verpackungsbranche auf der Interpack mit einer Neuerung überraschen, die einen echten Meilenstein darstellen wird. Mehr kann ich derzeit allerdings noch nicht verraten.
Interessanterweise assoziiert man Omron häufig mit Robotern, beispielsweise AGVs oder Cobots….
Traditionell ist Omron in den Maschinen, genauer gesagt in deren Steuerung, vertreten. Aber eine Steuerung sieht man nicht, ganz im Gegensatz zu unseren Robotern. Hinzu kommt, dass unsere Steuerungsprodukte äußerst zuverlässig sind. Deshalb passiert es häufig, dass Endkunden gar nicht wissen, dass sie Omron-Technik im Einsatz haben. Sie kaufen eine Maschine ihres bevorzugten Herstellers und kümmern sich nicht darum, was in der Maschine verbaut wurde, solange diese läuft und ihre Leistung erbringt.
Vor zehn Jahren haben wir Adept übernommen und konnten unser Portfolio um Robotik erweitern. Roboter sind sichtbare Maschinen und haben unserem Unternehmen zu mehr Präsenz verholfen. In den letzten Jahren wurden wir deshalb vor allem als Robotik-Anbieter wahrgenommen. Das ist aber eigentlich nur ein Teil unseres Angebots.
Mit großem Engagement betreuen wir die Verpackungsindustrie und sind seit Jahren Mitglied beim Packaging Valley. In diesem Ökosystem sind wir stark aufgestellt. Hier unterstützen wir unsere Kunden bei der Entwicklung neuer Technologien und Maschinen. Dazu bringen wir unsere aktuellen Technologien ein, um die Maschinen effizienter und einfacher zu gestalten - mit oder ohne Robotik.
Und welche Rolle spielt künstliche Intelligenz?
Seit der Entwicklung von ChatGPT und anderen Large Language Models ist KI ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Bei uns ist der Einsatz von KI jedoch nichts Neues, insbesondere in der bildverarbeitenden Technologie und der Qualitätskontrolle. Neu hinzugekommen sind die Temperaturregelung und natürlich auch die Robotik, insbesondere im Flotten-Management für mobile Roboter. Zusammengefasst: Omron setzt KI in vielen unterschiedlichen Produkten und Lösungen ein.
Geht das auch in Richtung Deep Learning?
Die eingesetzten KI-Modelle sind Lernmodelle. So sollen beispielsweise Produktionssteuerungen über die KI automatisch Prozessabweichungen erkennen. Dafür setzen wir unterschiedliche Modelle ein. Ziel ist, dass diese auch von Data Scientists technisch orientiert angewandt werden können. Außerdem wollen wir mithilfe von KI die Bedienung von Oberflächen vereinfachen, vor allem im Bereich der Bildverarbeitung. Da sich diese automatisch einrichten und einlernen, müssen Anwender keine Experten mehr sein, um ein Vision-System in Betrieb zu nehmen.
Welches Thema beschäftigt Omron derzeit am meisten?
Wenn man den Blick in die Zukunft richtet, wird das Thema der IT-OT-Konvergenz eine zunehmend bedeutendere Rolle spielen. Im August haben wir von der Zeitschrift Wirtschaftswoche für unsere Aktivitäten in diesem Bereich einen Innovationspreis erhalten. Ausgezeichnet wurden wir für die im Frühjahr initiierte Partnerschaft mit Cognizant. Über diese Partnerschaft treiben wir die Erfassung und Verarbeitung von Daten voran.
Der entscheidende Faktor ist, dass sich hier Maschinenkompetenz und Software-Know-how treffen. Cognizant stellt die dafür benötigte Software-Plattform zur Verfügung. Omron bringt sein Wissen auf maschineller Prozessebene ein. Damit können wir im OT-Bereich die Daten in Echtzeit auf den Maschinen erfassen, bereitstellen und lokal auf maschinenebene verarbeiten. So lassen sich beispielsweise durch das Erkennen von Fehlern Prozesse verbessern. Die Datenerfassung und -verarbeitung sowie die Software aggregieren diese Daten dann zusammen auf Maschinenebene. Hierfür gibt es bereits eine Reihe von Produkten. In den kommenden Monaten wollen wir unser Angebot in diesem Bereich noch erweitern.
Dabei spielt natürlich auch die Sicherheit eine große Rolle, wenn IT und OT immer stärker zusammenwachsen.
Ja, absolut! Das betrifft sowohl Safety als auch Security. Einerseits integrieren wir erweiterte Safety-Funktionen in die Maschinen, um beispielsweise die Bewegungen von Cobots unter Safety-Gesichtspunkten sicher zu machen. Mit unseren Safety-Services unterstützen wir Unternehmen dabei, das Sicherheitsniveau in ihrer Produktion zu steigern.
Aus unserer Erfahrung haben Maschinen eine sehr lange Lebensdauer. Wenn die Produktion nach 15 bis 20 Jahren an neue Anforderungen angepasst wird, ist es wichtig, die Themen Arbeitssicherheit und IT-Sicherheit immer im Auge zu behalten. Es geht darum, Menschen zu schützen und Sicherheitslücken in Fertigungsanlagen aufzudecken und zu beseitigen. Genau das ist es, was uns von anderen unterscheidet. Mit unserem Wissen begleiten wir unsere Kunden von der Maschinenkonzeption und Inbetriebnahme an und sorgen mit integrierten Lösungen über den gesamten Maschinenlebenszyklus hinweg für ein hohes Sicherheitsniveau. Der Trend geht zu einer längeren Lebensdauer von Maschinen. Damit das gelingt, darf man nicht nur die Funktionalität ins Visier nehmen, sondern muss sich auch um alle Aspekte der Sicherheit kümmern. Omron kann hier ein umfassendes Angebot machen.
Eine persönliche Frage zum Abschluss: Sie sind Franzose und haben als solcher bestimmt die berühmte französiche Lebensart im Blut. Die Deutschen ticken da bekanntlich ein wenig anders. Gibt es etwas, was Sie an Ihrer zweiten Heimat besonders schätzen?
Es gibt viele Aspekte des Lebens in Deutschland, die ich über die Jahre sehr schätze! Um eins zu nennen: die Vielfalt des Bierangebots und die dazugehörenden gesellschaftlichen Momente; aus meiner Studienzeit in München habe ich die bayerischen Biere kennengelernt und kürzlich konnte ich zum Beispiel das Kölsch im Umfeld von unserem Hauptsitz entdecken.