Zustandsbasierte Wartung auf Schwedisch
Vattenfall ebnet mit digitalem Zwilling den Weg zur effizienteren Energieversorgung
Mittwoch, 15. Januar 2025
| Redaktion
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Eine umfangreiche Datenlage ermöglicht bei Vattenfall die Analyse der Betriebszustände sowie die Vorhersage von Wartungsintervallen und Betriebszeiten von Energieanlagen.
Eine umfangreiche Datenlage ermöglicht bei Vattenfall die Analyse der Betriebszustände sowie die Vorhersage von Wartungsintervallen und Betriebszeiten von Energieanlagen, Bild: Aveva

Die Energiewirtschaft steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Klimaziele, Betriebseffizienz und volatile Märkte erfordern innovative Ansätze. Digitale Technologien wie der digitale Zwilling eröffnen neue Möglichkeiten für eine nachhaltige und resiliente Energieversorgung. Vattenfall macht es vor. Die Branche steht unter Druck: Sie muss nicht nur eine zuverlässige Stromversorgung sicherstellen, sondern zugleich ehrgeizige politische und wirtschaftliche Ziele erreichen. Themen wie Nachhaltigkeit, Effizienz und Anpassungsfähigkeit stehen dabei im Mittelpunkt. Während die USA anstreben, bis 2035 ausschließlich CO2-freie Elektrizität zu erzeugen, verfolgen die G7-Länder das Ziel einer weitgehend dekarbonisierten Stromversorgung im selben Zeitraum. Um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten, sind neuartige Ansätze gefragt: Digitale Technologien bieten entscheidende Lösungen, um erneuerbare Energien besser zu nutzen und eine resiliente, zukunftsorientierte Netzinfrastruktur aufzubauen.

Potenziale des digitalen Zwillings

Dieses Vorhaben erfordert eine rasche Netzumstellung, eine verbesserte Energiespeicherung und die Integration fortschrittlicher Technologien. IIoT, künstliche Intelligenz und hybride oder rein cloud-basierte Technologien ermöglichen Echtzeitüberwachung, prädiktive Analysen und eine nahtlose Integration in traditionelle Stromversorgungssysteme. All diese Mittel können einen effizienten Betrieb unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage, Variabilität und immer strengeren regulatorischen Rahmenbedingungen unterstützen. Energieunternehmen nutzen bereits digitale Anwendungen, um Stromangebot und -nachfrage (Prognosen), Verbrauchsmuster und Wetterbedingungen zu analysieren. Mit ihnen können sie den Lastausgleich optimieren, Geräte schützen und eine höhere Zuverlässigkeitsquote erzielen. 

Digitaler Zwilling spiegelt Bandbreite von einzelnen Komponenten bis zu vollständigen Anlagen wider

Eine wichtige Rolle spielen dabei Daten, wie sie auch in der Energiebranche an vielen Stellen automatisch entstehen. Gerade Unternehmen wie Vattenfall, die weitläufig verteilte Stromnetze bedienen und instand halten, sind auf umfassende, strukturierte und verlässliche Informationen angewiesen. Wie in der klassischen Fertigung lässt sich auch hier das Konzept eines digitalen Zwillings nutzen. Dieser ist ein digitales Abbild und spiegelt einzelne Komponenten oder vollständige Anlagen wider, beispielsweise Offshore-Windparks oder das Netz an Strommasten einer bestimmten Region. Der digitale Zwilling führt Informationen beispielsweise zu geometrischen und physikalischen Eigenschaften oder Umgebungseinflüssen aus verschiedenen Datenquellen zusammen. Er kann sich aus Echtzeitdaten speisen, aber auch auf historische Informationen, Simulationen und prädiktive Analysen zurückgreifen. Das ist abhängig von den Datenquellen, die ein Unternehmen verknüpft. 

Im Idealfall setzen Betriebe auf einen hybriden oder cloudbasierten digitalen Zwilling. Damit können auch geografisch verstreut arbeitende Teams gleichermaßen darauf zugreifen und kollaborativ arbeiten. Dadurch erhalten Planer, Ingenieure und Entscheidungsträger eine gemeinsame, belastbare Basis, um notwendige Anpassungen zielgerichtet vorzunehmen.

Einen Schritt weiter gehen diejenigen, die ihr Datenpotenzial nicht nur intern ausschöpfen, sondern auch über die Unternehmensgrenzen hinaus nutzen. Energieversorgungsunternehmen können Informationen über geeignete Plattformen und Softwares sowohl mit ihren eigenen Teams als auch mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette sicher teilen und analysieren. Dieser neue Grad an Transparenz und Zusammenarbeit eröffnet ihnen einen noch größeren Handlungsspielraum. Darüber hinaus können moderne Netzmanagement-Tools auf nationaler oder sogar globaler Ebene eingesetzt werden, um Betriebszustände über Einheiten, Flotten, Märkte und Regionen hinweg dynamisch neu zu konfigurieren.

Echtzeitüberwachung von rund 100 Wasserkraftwerken bei Vattenfall

Der Bedarf an zuverlässigen Echtzeitdaten und Erkenntnissen scheint in der Energiewirtschaft groß: Im Industrial Intelligence Index Report von Aveva gab mit 55 Prozent mehr als die Hälfte der befragten Führungskräfte an, dass sie bei wichtigen Geschäftsentscheidungen derzeit selten bis nie Zugang dazu haben. So mangelte es auch dem schwedischen Energieerzeuger Vattenfall lange Zeit an Echtzeitdaten für die optimierte Wartung seiner Wasserkraftwerke. Mit einer Gesamtkapazität von 11.475 Megawatt und einer jährlichen Stromproduktion von 40 Terawattstunden standen die rund 100 Wasserkraftwerke des Unternehmens im Mittelpunkt der strategischen Modernisierung, die eine Echtzeitüberwachung ihrer Anlagen einschloss. Ziel des Projekts war es, ungeplante Wartungskosten zu reduzieren und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen.

Zuvor basierte die Wartungsstrategie bei Vattenfall vor allem auf älteren Systemen, die statische Daten lieferten und rein reaktive Maßnahmen erforderlich machten. Regelmäßige Inspektionen und manuelle Datenanalysen waren zeitaufwendig und begrenzten die Effizienz. Die Umstellung auf eine zustandsorientierte, datengetriebene Überwachung war dementsprechend dringend erforderlich.

Softwarelösung liefert Vattenfall umfassende Einblicke in den Zustand der Anlagen

Vattenfall wählte mit dem Aveva PI (Plant Information) System eine Softwarelösung aus, die umfassende Einblicke in den Zustand der Anlagen liefert. Diese Lösung integriert historische und Echtzeitdaten und ermöglicht präzise Trendanalysen. Zudem erleichtert sie die Überwachung durch ein Ampelsystem, das bei kritischen Werten automatisch Warnmeldungen ausgibt. Das Aveva PI System ersetzt bei Vattenfall nicht nur bestehende Systeme, sondern bietet eine flexible und skalierbare Infrastruktur, die den Anforderungen einer modernen und nachhaltigen Energieerzeugung gerecht wird. „Wir nutzen hier nicht nur eine Funktion, sondern eine Plattform, die unser Wachstum in der Zukunft unterstützt“, so Magnus Holmbom, Entwicklungsingenieur für Instandhaltung bei Vattenfall.

Vattenfall setzt auf datenbasierte Wartung von Wasserkraftwerken

Ein sechsköpfiges Team implementierte zunächst ein Pilotprojekt innerhalb kurzer Zeit und sicherte die Datenübertragung durch SSL sowie Firewalls. Dank der intuitiven Bedienung konnte das Team direkt mit der Durchführung von Trendanalysen beginnen. Mittels vorgefertigter Vorlagen im Asset Framework des Systems wurden etwa 25 Betriebsbedingungen je Einheit überwacht.

Die positiven Auswirkungen zeigten sich schnell: Das System ermöglicht eine präzise Fehleranalyse und die Planung von Wartungsmaßnahmen, bevor ernsthafte Probleme auftreten. Das minimiert ungeplante Ausfälle und reduziert den Energie- sowie Ressourcenaufwand durch unerwartetes Herunterfahren und Neustarten von Anlagen. Im ersten Jahr nach der Einführung senkte Vattenfall die gesamten Wartungskosten bereits um 1,5 Prozent. Gleichzeitig verbesserte der Energieversorger die Genauigkeit seiner Anlagenausrichtung und sorgte für eine erhöhte Betriebssicherheit durch die kontinuierliche Überwachung. Zudem wurde die Grundlage für ein zukünftiges Hydro-Informationsportal geschaffen, das Prozessdaten, Analysen und KPIs in Echtzeit bereitstellt.

„Mit dem neuen System können wir Fehler erkennen, bevor sie auftreten, und geplante anstelle von ungeplanten Wartungen durchführen“, betont Magnus Holmbom. Mit diesem Pilotprojekt für die digitale Transformation in der Energiebranche zeigt Vattenfall, wie innovative Technologien die Effizienz steigern, Kosten senken und die Nachhaltigkeit in der Energieerzeugung vorantreiben können.

Weichenstellung für die Zukunft

Die Energiebranche steht vor vielfältigen Herausforderungen, die von ehrgeizigen Klimazielen über die Optimierung der Betriebseffizienz bis hin zur Bewältigung volatiler Märkte reichen. Um diesen Anforderungen zu begegnen, sind digitale Lösungen und neue Strategien unverzichtbar. Besonders die effektive Nutzung von Daten erweist sich als zentraler Hebel, der sowohl die Effizienz steigert als auch Nachhaltigkeit und Betriebssicherheit stärkt. Künstliche Intelligenz baut dieses Potenzial weiter aus, indem sie präzisere Analysen ermöglicht und fundierte Entscheidungen für die Wartung unterstützt. Diese Entwicklungen ebnen den Weg in eine Zukunft, in der Energieversorger den Wandel nicht nur meistern. Sie gestalten ihn aktiv mit, für eine robuste, nachhaltige und effiziente Energieversorgung.

Autor:
Sue Quense
Chief Commercial Officer bei Aveva

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