Bedarfsgerechte und klimafreundliche Kühlkonzepte für den Schaltschrank

Umweltfreundliche Schaltschrankplanung mit saisonaler Kühlung

Airstream Verdrahtungssystem für eine klimafreundliche Schaltschrankkühlung

Mit kanalloser Verdrahtung, Lüftersystem und bedarfsgerechter Zukühlung zeigt das Unternehmen Friedrich Lütze an einem Praxisbeispiel, dass ein Schaltschrank zu jeder Jahreszeit energieeffizient betrieben werden kann, ohne thermisch bedingte Ausfälle zu riskieren. Anhand des Szenarios wird das Potential der Kombination verschiedener Kühlmechanismen durch eine intelligente Regelung herausgearbeitet. Das Ergebnis ist eine jährliche Senkung des Energiebedarfs in Höhe von 85.000 Kilowattstunden sowie die Einsparungen von 31 Tonnen CO2-Emmissionen.

Schaltschränke für elektrische Komponenten haben in der Industrie zahlreiche Einsatzfelder. Dabei gibt es viele Ausführungen, die bezüglich der verwendeten Komponenten und Anwendungszwecke standardisiert sind. Es existiert dennoch viel Individualität. Selbst mit auf den ersten Blick identischen Komponenten in Schaltschränken können sich unterschiedliche Temperaturverteilungen ausbilden. So bestimmt beispielsweise die Taktzeit des zu steuernden Prozesses, welche thermische Verlustleistung in einem Schaltschrank frei wird. Faktoren wie die Bauteilplatzierung beeinflussen die individuelle Temperatur der einzelnen Komponenten im Schaltschrank. Einen energieeffizienten, universellen Kühlmechanismus, der einen sorgenfreien Betrieb für alle Anwendungsfälle und Eventualitäten ermöglicht, gibt es nicht. Deshalb ist es entscheidend, sich bereits in der Planungsphase Gedanken über das Klima im Schaltschrank zu machen. Fehler, die hier begangen werden, beeinflussen den gesamten Lebenszyklus der Anlage und können zu einem späteren Zeitpunkt nur noch mit einem Mehraufwand an Zeit und Finanzmitteln behoben werden.

Energieeffizienz im Schaltschrank reduziert CO2-Emmissionen

Lütze und das Institut für Gebäudeenergetik, Thermotechnik und Energiespeicherung der Universität Stuttgart arbeiten im Rahmen einer langjährigen Kooperation an bedarfsgerechten und umweltfreundlichen Kühlkonzepten für Schaltschränke. Denn die Forderung nach größerer Energieeffizienz ist in der Industrie auch im Schaltschrankbereich angekommen. Zudem werden Anforderungen wie die Sicherheit gegen thermisch bedingten Ausfall für Anlagenbetreiber immer wichtiger. Durch die digitale Transformation, und die damit verbundene starke Vernetzung von allen Produktionsschritten, können selbst kleinste Ausfälle bei der Schaltschrankfunktionalität weitreichende Folgen haben. Außerdem steigt der Druck, bei jedem Produktionsschritt Emissionen einzusparen. Ein ganzheitlich berechneter CO2-Fußabdruck eines Industrieerzeugnisses beinhaltet auch die bei der Produktion verursachten Emissionen. Das häufig auftretende, aber wenig Beachtung findende Praxisbeispiel zeigt, wie durch ein saisonales und bedarfsgerechtes Kühlkonzept eine Energie- und Emissionsreduktion umgesetzt werden kann. Auch visualisiert es das häufig ungenutzte Energieeinsparpotential.

Der Fokus der meisten Klimabetrachtungen im Schaltschrankbereich liegt auf Einzelschränken. Allerdings treten in der Praxis Kombinationen von Schaltschränken ohne trennende Innenwände ebenso häufig wie Einzelschränke auf. Aus thermodynamischer Sicht beeinflussen Aufstellsituation und räumliche Trennung eines Schaltschrankes dessen Klima stark. In praxisüblichen Schaltschrankkombinationen wird häufig nur an jedem zweiten oder dritten Schaltschrank eine aktive Kühlung wie ein Klimagerät oder Wärmeübertrager angebracht. Werden hier lediglich die Kenndaten wie Verlustleistung pro Schrank und maximal nutzbare Kühlleistung betrachtet, scheint ein Betrieb möglich. In der Realität zeigt sich ein anderes Bild.

Verteilerprobleme trotz aktiver Kühlung

Teilen sich mehrere Schaltschränke eine aktive Kühlung, tritt häufig ein Verteilungsproblem auf. Das lässt sich anhand einer CFD-Simulation anschaulich verdeutlichen. Mit dieser können Strömungs- und Temperaturfelder sehr fein aufgelöst und individuell berechnet werden. In dem hier beleuchteten Praxisbeispiel besteht eine Schaltschrankkombination aus zwei Schaltschränken, ohne trennende Innenwände. Beide Schaltschränke sind mit dem kanallosen Airstream Verdrahtungssystem von Lütze aufgebaut. Der rechte Schrank hat eine aktive Kühlung, der linke Schrank nicht. Dieser wird mit freier Kühlung betrieben. Im linken Schrank findet nur eine sehr geringe Luftumwälzung statt, bedingt durch thermischen Auftrieb.

Anhand der CFD Simulation wird deutlich, dass hier keine kalte Luft ankommt und sich im oberen Bereich zahlreiche Hotspots bilden. Dabei ist der rechte aktiv gekühlte Schrank thermisch unbedenklich, weil in diesen eine ausreichende Kühlleistung eingebracht wird. Möchte man mit dieser Konfiguration aber auch den linken Schrank ausreichend kühlen, muss die Kühlleistung stark erhöht werden. Dabei sinkt auch die Temperatur der Luft im aktiv gekühlten Schrank stark ab und es droht Kondensatbildung durch große Temperaturunterschiede. Die bessere Lösung ist es, die kalte Luft besser zwischen den Schränken zu verteilen.

Mit dem Umluftgebläse Airblower des Airstream-Verdrahtungssystems wird in jedem der Schränke eine gerichtete Zirkulationsströmung um den Verdrahtungsrahmen erzeugt. Dadurch reicht es aus, eine geringe Kühlleistung in den rechten Schrank einzubringen. Durch das Aufbrechen der Temperaturschichtung und die vielfach höheren Umwälzraten der Luft wird das Klima in beiden Schränken verbessert. Die Hotspots im zuvor stark belasteten linken Schrank werden aufgelöst. Dabei hat das Umluftgebläse im geregelten Betrieb eine elektrische Leistungsaufnahme von nur 15 Watt. Das Besondere ist, dass die Regeleinheit des Airblower über einen zusätzlichen potentialfreien Ausgang das individuell eingesetzte Gerät zur aktiven Kühlung steuern kann. Über mehrere Temperatursensoren können Temperaturen im Schrank erfasst und diese als Regelgrößen eingesetzt werden.

Jahreszeitliche Temperaturschwankungen in der Produktionshalle

Der energetische Vorteil dieses Kühlkonzeptes wird verdeutlicht, wenn man ein gesamtes Produktionsjahr betrachtet. Die Temperatur in einer Produktionshalle ist großen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Basierend auf Erfahrungswerten wird im Folgenden von einem typischen Temperaturbereich zwischen 20 und 35 Grad Celsius ausgegangen. Dieser Temperaturbereich wird über das Jahr hinweg entsprechend den monatlichen Durchschnittswerten laut Deutschem Wetterdienst in Deutschland verteilt. Dabei beeinflusst das Außenklima die Hallentemperatur und somit auch die Temperatur im Schaltschrank.

Es wird der linke Schaltschrank betrachtet, der im Ausgangszustand keine aktive Kühlung besitzt. Für diesen wird eine freiwerdende Verlustleistung von 500 Watt angenommen. Als Regelgröße wird eine maximal zulässige Temperatur im Schaltschrank von 40 Grad Celsius festgelegt. Wird diese Temperatur im Schaltschrank überschritten, muss dem Schaltschrank durch eine aktive Kühlung Wärme entzogen werden. Abhängig von der Außen- und somit auch Hallentemperatur ergibt sich für jeden Monat ein Zukühlbedarf in Watt an, um die vorgeschriebene Temperatur nicht zu überschreiten. Normalerweise ist von April bis November eine zusätzliche Kühlung notwendig. Das Maximum wird entsprechend einem normalen Temperaturverlauf in der Halle im August erreicht.

In den Monaten, in denen nicht aktiv zu gekühlt wird, liegen die Temperaturen im Schaltschrank nahe den 40 Grad Celsius. Aus der CFD Simulation ist bekannt, dass hier ebenfalls eine starke Temperaturschichtung vorliegt. Betrachtet man demgegenüber den Fall mit Airblower, lässt sich hier eine erhebliche Verbesserung in Hinblick auf den zur Kühlung einzusetzenden Energieaufwand erzielen. Eine Zukühlung ist nur noch in den Monaten Juni bis September erforderlich. Und auch die Größe der aufzuwendenden Kühlleistung wird erheblich reduziert. Im August konnte der Zukühlbedarf von 450 Watt auf 200 Watt reduziert werden. Auch in den Monaten, in denen nicht aktiv zugekühlt werden muss, sind die Temperaturen mit Airblower deutlich geringer. Wenn man Temperaturen bis 40 Grad Celsius im Schaltschrank zulässt, kann hier auch ein getakteter Betrieb des Gebläses realisiert werden.

Energieeinsparung und Emissionsreduktion bei über 75 Prozent

Durch die Auswertung der CFD Simulation lassen sich die Effekte einer saisonalen Kühlung anschaulich aufzeigen. Wird der optimierte mit dem nicht optimierten Zustand verglichen, ergibt sich das mögliche Einsparpotential an Energie und Emissionen. Exemplarisch wird von einem Zwei-Schichtbetrieb ausgegangen, der an jedem Werktag des Jahres abläuft. Für die Energy Efficiency Ratio (EER) bei der Erzeugung von Kälte wird ein Wert von 2 angenommen, d.h. pro zwei Kilowattstunden Kälte muss eine Kilowattstunde Elektrizität aufgewandt werden. Für den nicht optimierten Zustand ergibt sich im Jahr ein Verbrauch an Elektrizität von 557 Kilowattstunden. Für den optimierten Zustand mit Gebläse liegt der Verbrauch an Elektrizität bei 131 Kilowattstunden. Dies entspricht einer Reduktion um 76 Prozent. Hierbei sind die zusätzlichen Gebläseleistungen bereits mit eingerechnet.

Da die zur Kälteerzeugung eingesetzte Elektrizität aus einem Strommix mit fossilen Anteilen besteht, kann ein CO2-Einsparpotential für die betrachteten Varianten bestimmt werden. Unter den genannten Annahmen ist die Größe der Emissionsreduktion ebenfalls 76 Prozent. Legt man der Berechnung den deutschen Strommix von 2020 zu Grunde, ergibt sich jedes Jahr eine Reduktion von 204 Kilogramm CO2 auf 48 Kilogramm CO2. Wird das aufgezeigte Potential auf eine gesamte Fertigungsanlage skaliert, ergäbe sich bei 200 solcher Schaltschrank-Kombinationen ein Einsparpotential von über 85.000 Kilowattstunden und 31 Tonnen CO2. Das hier erläuterte Rechenbeispiel zeigt, wie durch eine umweltschonende Schaltschrankplanung die Betriebskosten und der Energieaufwand für die Schaltschrankkühlung gesenkt werden können, ohne dass das Risiko eines thermisch bedingten Ausfalls steigt.
 

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