ABB-Roboter steigern OEE in Spritzgussproduktion bei Medmix

Digitaler Zwilling visualisiert gleichzeitige Produktion in einem Fügeprozess

Durch den Einsatz der ABB-Roboter und die Zusammenführung von Spritzgussproduktion und Montage konnte Medmex die Verfügbarkeit und Produktivität deutlich steigern

Bei der Herstellung von Dentalprodukten spielen Qualität, Präzision und Zeit eine wichtige Rolle. Der Fokus liegt dabei immer auf der Patientensicherheit sowie der Kundenzufriedenheit. Statt Produktionsverzögerungen über Zwischenspeicher abzupuffern, hat Medmix , ein Schweizer 1K- und 2K-Applikationssysteme-Hersteller zum Mischen, Dosieren und Applizieren von Flüssigkeiten in Gesundheits-, Industrie- und Konsumgütersegmenten, einen wesentlich effizienteren Weg beschritten und setzt dafür Roboter von ABB ein. Innerhalb der Produktlinie der statischen Mischer für die Dentalbranche wollte Medmix die Produktion für Zwei-Komponenten-Systeme am Schweizer Standort in Haag verbessern. Diese Mischer werden benötigt, wenn zwei Komponenten erst bei der Applizierung zusammengemischt und aufgetragen oder gespritzt werden. Die bisherige Produktion per Montageautomaten schaffte eine Verfügbarkeit von 60 bis 70 Prozent. Das lag unter anderem an Beschädigungen der Produkte durch die Zwischenlagerung. Das Unternehmen wollte die Verfügbarkeit durch den Einsatz von Robotik deutlich verbessern. Gemeinsam mit Prozessoptimierer Krehl & Partner sowie Produktionsspezialist Robomotion sollte eine Lösung erarbeiten werden, die die Effizienzrate deutlich anheben und die Produktqualität verbessern sollte.

Hohe Ausschussrate und schlechte Verfügbarkeit von Mischelementen

Die bisherige Produktion hatte zur Sicherstellung der Verfügbarkeit auf größere Lagerbestände der einzelnen Komponenten gesetzt. Da sich die Mischelemente während des Auskühlungsprozesses teilweise leicht verzogen hatten, wies die bestehende Montage eine relativ hohe Ausschussrate und schlechte Verfügbarkeiten auf - ein generelles Problem, wenn Spritzgussproduktion und Montage getrennt sind. Fehler in der Produktion oder Produktveränderungen fallen erst zeitverzögert auf. Die Trennung benötigt eine Transport- und Zwischenspeicherlogistik. Sie erzeugt mehr Prozessschritte, weil die Einzelteile koordiniert in den Zwischenspeicher eingebracht, transportiert und wieder entnommen werden müssen. Zusätzlich müssen Einzelteile aus den Zwischenspeichern aufwendig über Zuführungen mittels Fördertöpfen vereinzelt wieder zugeführt werden.

Gedrosselte Taktung erspart Stillstand der Spritzgussmaschine

Im Gegensatz zur alten Produktion sollten die Einzelteile über Roboter auf einmal aus den Spritzgussmaschinen entnommen und montiert werden. Hierzu konnten die Ingenieure von Krehl & Partner und Robomotion im Vorfeld Testläufe mit den Einzelteilen durchführen. Sie zeigten so, dass diese Art der Produktion im Sinne eines „One Piece Flow“ möglich und effizient ist. Es gab Bedenken, dass beim Wartung oder Ausfall eines Roboters die gesamte Produktion stillsteht. „Die Lösung besteht darin, die Taktung der Spritzgussproduktion in solchen Situationen zu drosseln, sie aber nicht anzuhalten. Damit erspart sich Medmix den Stillstand und die Aufwände für die erneute Inbetriebnahme einer Spritzgussmaschine“, erläutert Philipp Blattert, Inhaber von Krehl & Partner, die Vorteile des neuen Ansatzes. „Da sich Mitarbeitende im Bedarfsfall nur wenige Minuten im Produktionsbereich aufhalten müssen, entstehen dadurch nur sehr geringe Ausschussmengen. Der Einsatz von geordneten Zwischenspeichern hätte keine Vorteile gebracht, weil sie ein enormes Volumen erzeugen und sich eventuell unterschiedliche Speicherstände später nicht mehr auflösen lassen.“

Digitaler Zwilling demonstriert Effizienzsteigerung

Mit dem Projekt überzeugen konnte Robomotion auch aufgrund der erfolgreichen Labor-Demonstration mithilfe eines ABB-Roboters und der Erstellung eines digitalen Zwillings in der Simulations- und Programmiersoftware „RobotStudio“. Damit ließ sich direkt zeigen, wie die gleichzeitige Produktion in einem Fügeprozess ablaufen kann und welche Effizienzsteigerung dadurch möglich werden. In der Anlage arbeiten drei ABB-Roboter vom Typ „IRB 1600“ und einer vom Typ „IRB 1200“ parallel mit drei Spritzgussmaschinen zusammen. Drei Roboter entnehmen jeweils die Einzelteile aus den Spritzgussmaschinen und führen sie den nachfolgenden Prozessschritten zu. Abschließend wird das fertige Mischelement der vollintegrierten Qualitätskontrolle zugeführt und verpackt. Betritt ein Mensch den Produktionsbereich, werden die Roboter angehalten und die Spritzgussmaschinen mit einer Tür abgeschottet. Die Produktionsanlage kann unterschiedliche Varianten von Mischern produzieren. Sie lässt sich am Roboter lediglich durch den Austausch von Applikationstechnik auf die jeweils ausgewählte Größe umstellen, was wesentlich einfacher ist, als Montageautomaten umzurüsten.

Inbetriebnahme innerhalb von zwei Wochen

Die Anlage wurde vorab bei Robomotion entwickelt, aufgebaut und getestet. Anschließend konnte sie bei Medmix installiert und innerhalb von zwei Wochen vollständig in Betrieb genommen werden. Zum Entwicklungsumfang gehörten die Greifersysteme, die Fügepressen und das Kamerasystem der Qualitätsprüfeinheit. Mittlerweile sind mehrere, robotergestützte Produktionsanlagen mit insgesamt 20 ABB-Robotern dauerhaft im Einsatz.
Der Einsatz der Roboter von ABB und die Zusammenführung von Spritzgussproduktion und Montage hat für Medmix zahlreiche Vorteile.

  • Die Verfügbarkeit und Produktivität konnten deutlich gesteigert werden.
  • 100 Prozent der Produkte passieren die Inline-Qualitätskontrolle, was die Kundenzufriedenheit sicherstellt und eine sofortige Reaktion bei Problemen erlaubt.
  • Dies zahlt auch auf die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens ein, weil nicht nur weniger Ausschuss entsteht, sondern auch der Strombedarf gesenkt werden kann.
  • Es werden keine Zwischenspeicher mehr benötigt. Dadurch kann die Lagerfläche anderweitig genutzt werden.
  • Die Logistik für den Transport von der Spritzgussproduktion zur Montage entfällt.

Roboter steigern Gesamtanlageneffektivität signifikant

Bis auf die Stillstandzeiten, die durch die Wartung der Spritzgussmaschinen und der Roboter sowie den Werkzeugwechsel zur Produktion anderer Größen entstehen, kann die Anlage durchgängig betrieben werden. „Wir konnten die Gesamtanlageneffektivität (OEE) durch die neue Produktionsanlage signifikant steigern. Das ist besonders erfreulich, weil der OEE-Wert nicht nur die Verfügbarkeit, sondern auch die Leistung der Anlage und Qualität der Endprodukte mit einbezieht“, berichtet Andreas Wolf, Geschäftsführer Robomotion. „Obwohl wir anfangs nicht sicher waren, ob die Produktion ohne Zwischenspeicher funktionieren kann, hat uns die Lösung von Robomotion mit sehr zuverlässigen ABB-Robotern restlos überzeugt. Mittlerweile haben wir etliche Produktionsanlagen auf die Roboter-Technik umgestellt und auch auf andere Produktionsbereiche ausgeweitet“, bestätigt Laura Zwerenz, Senior Project Manager Industrialization bei Medmix Switzerland.
 

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