Planung für Mittelspannungsschaltanlagen leicht gemacht

Blockanlage oder modular anreihbarer Aufbau

Blockschaltanlage von Ormazabal

Die Planung von Schaltanlagen für individuelle Anwendungen lässt sich einfach anhand einer Bedürfnisabfrage durchführen. Bei der Zusammenstellung der einzelnen Komponenten wird es dagegen komplexer. Schaltanlagenbauer Ormazabal beleuchtet die ausschlaggebenden Kriterien bei der Planung von Mittelspannungsschaltanlagen. Zudem werden zur Verfügung stehende Anlagentypen sowie zu vermeidende Fehler erläutert.

Wenn Mittelspannungsschaltanlagen als Übergabestation für einen Industriekomplex oder Ringnetzeinheit für Energieversorger für die sekundäre Verteilebene mit Betriebsströmen von 630 Ampere bzw. bis zu 1.250 Ampere gefragt sind, stehen zwei verschiedene Anlagentypen zur Wahl: kompakte Blockschaltanlagen oder sogenannte anreihbare Anlagen mit modularem Aufbau. Blockschaltanlagen kommen zum Einsatz, wenn die Betonstation oder der Schaltraum möglichst klein gehalten werden sollen. Um die Anlagen kompakt zu halten, werden bei solchen Anlagentypen mehrere Schaltfelder in einem Block, einem Gastank, verbaut. Das ist der wesentliche Unterschied zu modular anreihbaren Alternativen. Zwar können auch Blockschaltanlagen projektindividuell konzipiert werden. Doch anreihbare Anlagentypen bieten wesentlich mehr Flexibilität. So sind bei ihnen Feldkombinationen herstellbar, die in einem Schaltanlagenblock nicht untergebracht werden können. Ferner lassen sich dank des modularen Aufbaus einzelne Komponenten austauschen. Oder es kann eine Erweiterung vorgenommen werden, auch während des Fertigungsprozesses und danach. Dies ist bei Blockschaltanlagen nicht möglich. Beide Typen für Mittelspannungsschaltanlagen haben also Eigenschaften, die sie in jeweils unterschiedlichen Anwendungsfällen zu ihrem Vorteil ausspielen können.

Der Aufbau der Schaltanlage sowie die unterschiedlichen Kombinationen von Kabel-, Trafo- oder Leistungsschalterfeldern hängen sowohl von Kundenanforderung als auch dem Aufbau von Energieverteilung oder Netztopologie ab. Beschrieben wird das unter anderem in den Technischen Anschlussbedingungen (kurz: TAB). Diese dienen als Erweiterung der Technischen Anschlussregeln (kurz: TAR), im Mittelspannungsbereich ist die DIN VDE AR-N 4110 Planungsgrundlage. In Summe sind diese Dokumente die Basis für jede Anlagenplanung.

Aufbau einer Bezugsanlage & Auswahl des Trafo

Nach Festlegung von Funktionalitäten der Anlage wie reine Abnahmestation, Einspeise- oder Mixanlage und Identifizierung des Versorgungsgebiets können über die TAB des Netzbetreibers die Feldtypen und deren Reihenfolge festgelegt werden. Der typische Aufbau einer kleinen Bezugsanlage besteht aus zwei Ringkabelfeldern, gefolgt von einem Sicherungslasttrennschalterfeld, gemeinhin als Ringnetzeinheit bezeichnet. Diese wird durch den Einsatz eines Messfeldes abgerundet. Bei größeren Verbrauchern oder Einspeiseanlagen wird das Sicherungslasttrennschalterfeld durch ein Leistungsschalterfeld ersetzt. Anschließend werden die kapazitiven Spannungsanzeigesysteme, Kurzschlussanzeiger, Motorantriebe, Hilfsschalterbestückungen, Spannungsversorgungen und Auslösespulen definiert. Abschließend erfolgt eine Kalkulation der Schutzwandlerdaten mit Bürden und Klassen, sowie eine Druckbetrachtung für den  „Worst Case” einer Störlichtbogenzündung im Schaltanlagenraum bzw. in der Schaltanlage selber.

Da die Schaltgeräte der Blockschaltanlagen heute bei den technischen Daten den anreihbaren Anlagen in nichts mehr nachstehen, können theoretisch auch sehr große Transformatoren mit Blockschaltanlagen betrieben werden. In der Praxis bestimmt die Berechnung des Energiebedarfs, wie groß der Transformator sein muss. Anschließend wird die Schaltanlage so ausgewählt, dass der Transformator geschützt und die jeweiligen Nennströme der Anlage nicht überschritten werden. Bis zu einer Stromstärke von 80 bis 100 Ampere können noch Sicherungslasttrennschalter eingesetzt werden. Größere Trafos betreibt man über Leistungsschalter mit entsprechenden Schutzgeräten. Die Kabelschaltfelder der Blockschaltanlagen bleiben hiervon unberührt.

Messen, überwachen, steuern

Durch den Einsatz regenerativer Energien gewinnt die Einbindung von Steuerungs- und Überwachungsapplikationen zusehends an Relevanz. Diese werden erforderlich, um den Mittelspannungsnetzen beim Einsatz dezentraler Erzeuger eine bessere Stabilität zu geben. Somit wird eine hohe Versorgungssicherheit aufrechterhalten. Auch Blockschaltanlagen lassen sich automatisieren und fernsteuern. Möglich machen das Motorantriebe und entsprechende Kurzschlussanzeiger oder Schutzgeräte. Alle Blockschaltanlagen können generell mit derselben Sekundärtechnik ausgestattet werden wie modulare Einzelfelder. Zur Basisausstattung gehören kapazitive Spannungsanzeigen sowie Druckanzeigen bzw. Dichtewächter. Diese sind erweiterbar um Kurzschlussanzeiger, Hilfschalterbestückungen, Motorantriebe, Kommunikationstechnik, unterbrechungsfreie Stromversorgungen (kurz: USV), Schutzgeräte, Arbeitsstromauslöser oder Unterspannungsauslöser. Wird beispielsweise die Rückspeiseanlage einer Photovoltaikanlage geplant, ist die DIN VDE AR-N 4110 für die Bestückung der Übergabefelder zwingend zu berücksichtigen. Hier kommen dann USVen, Q/U-Schutzgeräte, Kurz- und Erdschlussanzeiger zum Einsatz.

Zustandsüberwachung in Mittelspannungsschaltanlagen

Erst seit ein paar Jahren wird auch der Einsatz von Condition Monitoring im Bereich der sekundären Verteilebene betrachtet. Dabei kommt es aktuell zu immer mehr vollautomatisierten Anlagen, für welche Ormazabal eine entsprechend umfassende Kommunikations- und Messtechnik umsetzt, zum Beispiel die kompakte Fernsteuereinheit „Ekor.uct” als Plug-and-Play-Lösung. So lassen sich aus einzelnen Anlagen möglichst viele Zustandswerte des gesamten Mittelspannungsnetzes generieren, um ein Abbild der Netze zu erlangen. Auf Basis dieser Daten können entstehende Fehler frühzeitig entdeckt und eliminiert werden. Das sorgt für ein stabiles und zuverlässiges Netz.

Ganzheitlich und vorausschauend zu denken ist bei der Planung von Schaltanlagen das Wichtigste. Künftige Erweiterungen der Energieverteilungsanlage durch Photovoltaik oder ein Blockheizkraftwerk sollten bereits in der ursprünglichen Planung berücksichtigt werden, um Umbaukosten oder den Neubau der Schaltanlage zu verhindern. Zudem ist es zur Vermeidung von Fehlern unerlässlich, die TAR und TAB des Netzbetreibers zu kennen. Ormazabal unterstützt dabei, offene Fragen in der Planung von Mittelspannungsschaltanlagen zu klären. Dabei wird das gesamte Projekt von der Energieeinspeisung über die Verbraucher bis hin zur eventuell dezentralen Energieerzeugung betrachtet.

Autor: Holger Lauer, tätig im Auftragsmanagement bei Ormazabal