Roboter produzieren in Skandinaviens größter Insektenfarm Enorm nachhaltige Lebensmittel

Alle sieben Sekunden befüllen die „KR Quantec PA HO“-Roboter bei Enorm Biofactory eine neue Kiste

In Dänemark werden Larvenzucht und Robotertechnologie zu einer nachhaltigen Lösung für die globale Nahrungsmittelversorgung kombiniert: Die größte und erste kommerzielle Insektenfarm Skandinaviens, Enorm Biofactory, nutzt die Effizienz der Schwarzen Soldatenfliege und die Präzision von Hygienic-Oil-Robotern von Kuka, um eine klimafreundliche Proteinquelle zu produzieren. Im Herzen Dänemarks, 50 Kilometer südwestlich von Aarhus, spielt sich in einer Fabrikhalle Tag für Tag und fast rund um die Uhr ein buchstäblich bewegendes Schauspiel ab: In zahllosen Kisten werden sich hier bald Millionen von Fliegenlarven durch ihr Futter fressen, während die Behälter von leise surrenden Kuka-Robotern des Typs Hygienic Oil (HO) ständig bewegt, gestapelt, entleert und befüllt werden.

Viele Fachleute sind davon überzeugt, dass Insekten die Proteinquelle der Zukunft sind. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf rund 9,7 Milliarden Menschen anwachsen. Da zudem das Durchschnittseinkommen in vielen Entwicklungsländern steigen wird, ist mit einem starken Anstieg des Fleischkonsums und damit des Proteinbedarfs zu rechnen. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und knapper werdender Ressourcen wird deutlich, dass eine effektive Kreislaufwirtschaft und eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion wichtiger denn je sind. Die Schwarze Soldatenfliege, um die sich Enorm dreht, könnte dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Aus 25 Kilo Eiern werden binnen zwölf Tagen 100 Tonnen Larven

„Nur ein Gramm Eier der Schwarzen Soldatenfliege entspricht 30.000 Larven“, rechnet Carsten Lind Pedersen vor, CEO von Enorm. „Und diese nehmen so schnell an Gewicht zu, dass aus 25 Kilo Eiern 100 Tonnen Larven werden, innerhalb von nur zwölf Tagen. Das schafft kein anderes Tier.“ Auch Jane Lind Sam, COO von Enorm, betont das riesige Potenzial des Insekts für eine nachhaltige Proteinproduktion: „Die Larven der Fliege können sich von fast allen organischen Stoffen ernähren. Deshalb können wir sie mit Abfallprodukten aus der dänischen Lebensmittelindustrie füttern, die anderweitig entsorgt worden wären und machen aus ihnen hochwertiges Futterprotein für die Tierhaltung.“

Aktuell stellt Enorm aus den schnell wachsenden Larven zwei Produkte her: Insektenmehl als Ersatz für hochverdauliche Eiweißfuttermittel, etwa für Fische, Geflügel, Schweine und Haustiere. Und immunstimulierendes Insektenöl, das ebenfalls als Nahrungsergänzung für diverse Tiere eingesetzt werden kann. „Zutaten auf der Basis von Larven der Schwarzen Soldatenfliege, die verantwortungsvoll produziert werden, haben im Vergleich zu anderen tierischen Proteinquellen einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck“, sagt Pedersen. So sei die Insektenproduktion ein Paradebeispiel für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, bei der Umwelt und Klima kaum belastet würden: „Bei der Weiterverarbeitung werden die Larven lediglich getrocknet. Das Einzige, was bei uns übrigbleibt, ist also Wasser.“ Außerdem werde ein Teil der Larven zur Produktion neuer Eier genutzt. So entsteht ein perfekter Kreislauf.

Kuka-Roboter im Einsatz bei Enorm Biofactory

Auch der Produktionsprozess selbst ist nachhaltig mit größtmöglicher Effizienz und stellt laut Pedersen zwei große Herausforderungen: Zum einen braucht die Fabrik ein komplexes Belüftungssystem, weil beim Prozess viel Wärme entsteht. „Vor allem aber müssen wir sehr schnell, teilweise extrem schwere Behältnisse befüllen, leeren und stapeln“, sagt Pedersen. Die besten Lösungen dafür zu finden, war die Aufgabe von Rolf Tange und seinem Team. Tange ist CTO der Sealing System Group, Anbieter von Verpackungs- und Palettierlösungen, der seit Jahrzehnten auf die zuverlässige Technologie von Kuka vertraut. „Wir wussten, dass die flexiblen Hygienic-Oil-Roboter von Kuka perfekt sein würden für die Insektenfarm von Enorm“, sagt Tange. „Im ersten Stadium wachsen die Larven in kleineren, 30 bis 40 Zentimeter großen Kisten heran“, schildert er den Ablauf. Sieben Tage später werden sie in größere Kisten umgepackt, die mehr als einen Quadratmeter groß sind. Spätestens hier sind die Roboter eine unverzichtbare Hilfe: „Da sind 50 Kilo Flüssignahrung drin, dann werden 70.000 Larven draufgekippt“, erzählt Tange. „Das Gewicht würde nicht mal der fitteste Arbeiter schaffen!“ Die sechs „KR Quantec PA HO“-Roboter von Kuka befüllen alle sieben Sekunden einen neuen Kasten, also 500 in der Stunde und arbeiten 20 Stunden am Tag. In den verbleibenden vier Stunden wird die Anlage gereinigt. „Ohne die Roboter von Kuka wäre unsere Produktion nicht möglich“, sagt Carsten Pedersen. Zumal er sich zu hundert Prozent auf diese verlassen muss, denn der gesamte Ablauf ist minutengenau programmiert: „Wenn es bei einem der Roboter ein Problem gäbe, hätten wir nur zwei bis drei Minuten, um dieses zu lösen. Ansonsten kommt der gesamte Prozess zum Erliegen. Aber das ist zum Glück noch nicht vorgekommen.“

Vollautomatisierte Anlage läuft wie von selbst

Im Prinzip laufe die Anlage von selbst, erzählt Pedersen, denn der gesamte Prozess sei komplett automatisiert: „Tatsächlich benötigen wir eigentlich nur zwei Mitarbeitende, um alles zu steuern.“ Ihre Aufgabe beschränke sich weitgehend auf die Kontrolle der Systeme. Dass die Anlage so zuverlässig läuft, ist auch der guten Arbeit des Systempartners Sealing System zu verdanken. „Wir haben für die Lebensmittelindustrie schon oft und erfolgreich mit Technologien von Kuka gearbeitet“, sagt Kim Kildahl Poulsen, Sales Manager bei XIO - Intelligent Farming, Sealing System Group. Besonders schätzt er Kukas breites Produktspektrum im Bereich der Hygienic-Oil-Roboter. Mit ihren speziellen H1-Schmierstoffen in allen Achsen erfüllen sie die hohen Anforderungen der Lebensmittelindustrie entlang der gesamten Prozesskette. Kommen die Schmierstoffe mit Lebensmitteln in Berührung, sind sie für Mensch und Tier absolut unbedenklich - so auch bei Enorm. Trotz der großen Erfahrung in der Lebensmittelindustrie war der Aufbau der Anlage bei Enorm auch für Sealing System Neuland, wie Poulsen zugibt: „Bei einer Insektenfarm haben wir es mit lebender Materie zu tun. Das kannten wir so noch nicht.“ Da die Nahrung für die Larven zu 70 Prozent aus Wasser besteht, habe man es in der Fabrik zum Beispiel mit einer extrem feuchten Umgebung zu tun - kein Problem für die eigens dafür konzipierten Roboter von Kuka.

Software von Visual Components half bei Konzeption und Planung

Dass am Ende alles so gut funktionieren würde, kam für Poulsen nicht überraschend. Schließlich hatten er und sein Team wichtige Abläufe vorab testen können – mit Visual Components. Das finnische, von Kuka akquirierte, Unternehmen hat sich auf Softwarelösungen für die 3D-Simulation in der Fabrikplanung spezialisiert. „Mit der Software von Visual Components haben wir simulieren können, in welcher Geschwindigkeit und in welchem Rhythmus sich die Roboter und Fördersysteme bewegen müssen. Das hat sehr geholfen.“ Als ebenso praktisch habe sich das Programmierkonzept „Kuka.AppTech“ erwiesen, das eine effiziente und einfache Roboterprogrammierung in kürzester Zeit ermöglicht. Und so krabbeln die Larven und arbeiten die Roboter im Herzen Dänemarks tagein, tagaus eifrig und zuverlässig vor sich hin und sorgen mit Hilfe der neuartigen Technologie von Kuka für eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion.
 

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