Bihler automatisiert Massenproduktion von Hairpins mit B&R

Produktionsleistung verdreifacht

Die neue Hairpin-Produktionsmaschine BM-HP 3000 verbindet bewährte Prozesse mit höchster Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Produktivität.

Stanzbiegemaschinenhersteller Bihler hat ein neuartiges Servo-Produktionssystem für die Massenherstellung von Hairpins entwickelt. Die Anlage bietet automatische Variantenwechsel bei kurzen Taktzeiten und produziert die Kupferbiegeteile damit besonders effizient. Bei der Automatisierungs- und Antriebstechnik setzt Bihler fast ausschließlich auf Lösungen von B&R. Der Maschinenbauer nutzt hier die breite Produktpalette von Sicherheitstechnik über Kommunikationstechnik inklusive dezentraler I/O-Module bis hin zu Industrie-PCs als Hardwareplattform für die Steuerungs- und Visualisierungsapplikationen sowie Panels für die Bedienerschnittstelle.

Um Bauteile für die Elektromobilität vollautomatisiert, flexibel und materialeffizient zu fertigen, nutzen viele Automobilhersteller und Zulieferer die Anlagen von Otto Bihler Maschinenfabrik. Das gilt auch die Produktion von Hairpins, haarnadelförmigen Spulensegmente, die in großen Stückzahlen in die Statoren von Elektromotoren eingebaut werden. Sie ermöglichen kompaktere Antriebsstränge mit höherer Leistungsdichte in Elektrofahrzeugen.

Für die Serienfertigung von Hairpins bei einem namhaften Automobilzulieferer hat Bihler das Servo-Produktionssystem „BM-HP 3000“ entwickelt, bei dem acht Maschinen verschiedene Hairpin-Varianten mit hoher Effizienz fertigen. In der Anlage sind alle Prozessschritte modular aufgebaut und in Fließfertigung aufeinander abgestimmt. So werden hohe Taktzahlen erreicht. „Das reicht von der Zuführung des Kupferlackdrahtes bis zur sortenreinen Bereitstellung der fertigen Hairpins“, erklärt Martin Lehman, Key Account Manager E-Mobility bei Bihler.

Dreifache Taktleistung trotz Formatwechsel

„Die ,BM-HP 3000‘ ermöglicht eine Ausbringung von 60 bis 120 Hairpins pro Minute, je nach Drahtquerschnitt und Schenkellänge. Das ist die dreifache Taktleistung gegenüber sequenziellen Systemen.“ Zur hohen Produktivität der Anlage tragen auch die schnellen Variantenwechsel bei. Die Umstellung von Kopfgeometrie und Schenkellänge von einer Variante auf die andere kann ohne Zeitverlust erfolgen. Das heißt, die Maschine stellt sich vollautomatisch auf das neue Produkt ein, ohne die Maschinentaktung zu verändern. Über die zentrale Steuerung Varicontrol werden lediglich die neuen Daten aufgerufen.

Einen wichtigen Beitrag zur großen Flexibilität und zum hohen Durchsatz der Maschine leistet die eingesetzte Technik von B&R. Richard Wagner, Leiter Steuerungstechnik bei Bihler nennt ein Beispiel: „Auf den Servoantrieben von B&R lassen sich derzeit bis zu 14 elektronische Kurvenscheiben hinterlegen, zwischen denen wir programmgesteuert und rückwirkungsfrei wechseln können. So können die beteiligten NC-Achsen ohne Nachladen von Kurvenscheiben im laufenden Betrieb an wechselnde Hairpin-Formate und unterschiedliche Draht- und Lackmaterialien angepasst werden.“

Die Möglichkeit, Kurvenscheiben auf dem Servoantrieb zu speichern, entlastet gleichzeitig den Kommunikationsbus im laufenden Maschinenbetrieb. „Das ist ein entscheidender Faktor, der bei der Gesamtbewertung einer Automatisierungslösung nicht unterschätzt werden darf“, ergänzt Wagner. „Ein Kommunikationsbus kann eine sehr geringe Zykluszeit haben und trotzdem am Ende zu höheren Zykluszeiten führen. Es kommt vielmehr darauf an, wie effizient wir ein Übertragungsmedium nutzen können. Und hier erreichen wir mit Powerlink durch die Möglichkeit, Kurvenscheiben auf den Servoantrieben abzulegen, attraktive Zykluszeiten.

Produktionsleistung von 60 bis 120 Hairpins pro Minute

Die erste Maschine der Serie „BM-HP 3000“ bei dem Automobilzulieferer ist mit insgesamt 70 Servoantrieben von B&R ausgestattet. Sie produziert 80 Hairpins in sechs verschiedenen Varianten pro Minute. Ausgelegt ist das Maschinenkonzept derzeit für bis zu zehn unterschiedliche Hairpin-Varianten. Die eingesetzten Prozessen sorgen für den hohen Ausstoß: So bremst kein sequenzieller Ablauf mit Freiformen der Hairpins die gesamte Maschine aus. Auch das in vier Einzelschritten aufgeteilte mechanische Abisolieren ist durch die Parallelisierung deutlich schneller als das in vielen konventionellen Hairpin-Produktionsanlagen häufig genutzte Abisolieren mittels Laser. Im Ergebnis erreicht die Maschine einen etwa dreimal höheren Ausstoß als die genannten konventionellen Anlagen. Darüber hinaus kann der Anwender aus einem umfangreichen Programm unterschiedlicher Servo-Prozessmodule für Fertigungs-, Montage- und Bearbeitungsaufgaben wählen. Damit lässt sich die Maschine auch nach Auslieferung und erster Inbetriebnahme an spätere individuelle Anforderungen anpassen.

Bihler schätzt Verzicht auf separates Programmiergerät

Bihler hat auf Basis von B&R Automation Runtime die Maschinensteuerung Varicontrol in der Programmiersprache C++ entwickelt und konnte deshalb die Software modularisieren. So lassen sich Applikationen einfach und schnell direkt programmieren oder parametrieren. „Dass dafür kein separates Programmiergerät erforderlich ist, war für uns schon zu Beginn der partnerschaftlichen Zusammenarbeit einer der Hauptgründe, warum wir uns für B&R entschieden haben“, erinnert sich Wagner. Bei jedem Neustart der Maschine scannt das System zudem das Maschinennetzwerk und erkennt neu angeschlossene B&R-Geräte, die dann direkt über die Steuerung eingebunden werden können.

„Die Möglichkeiten der B&R-Technologie eröffnen uns und unseren Anwendern zahlreiche und immer neue Möglichkeiten, eine Maschine zu gestalten oder zu erweitern“, betont Wagner. „Beispiel Servoantriebe: Hier deckt das B&R-Programm das komplette Spektrum von 1,8 bis 200 Amper ab. Das Portfolio wird ständig in alle Richtungen erweitert, so dass wir die Zahl der benötigten Lieferanten im Laufe der Zeit immer weiter reduzieren konnten.“ Unter dem Strich erhalten OEMs und Zulieferer eine Maschinenlösung, mit der sie dank erprobter Prozesse, Skalierbarkeit sowie der hohen Flexibilität Hairpins in großen Stückzahlen besonders effizient, wirtschaftlich und zugleich zuverlässig produzieren können.

Autor: Dipl.-Ing. Franz Rossmann, Technikjournalist aus Gauting bei München
 

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